Punktspiel mit Susanne Krieg | hvv switch

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Lesedauer 3 Min.

An den Elbbrücken mit Frau Elbville.

Über 100 hvv switch Punkte gibt es in Hamburg. Mit manchen hat man seine ganz eigene Geschichte. Wir treffen spannende Menschen unserer Stadt – an Stationen, die sie häufig nutzen. Dieses Mal: Journalistin Susanne Krieg.

Susanne Krieg an der Hamburger U-Bahn Station Elbbrücken.Die Stimmung an der hvv switch Station Elbbrücken ist an diesem Tag im November fast etwas apokalyptisch: Umringt von den gigantischen Baustellen der HafenCity wirkt sie wie eine Station im Nirgendwo. Der Himmel ist grau. Das Quartier ist seit Wochen in der Presse: Ende Oktober gab es einen tragischen Unfall mit einem Gerüst, und die Bauarbeiten am Elbtower, genau nebenan, wurden wegen Finanzierungsproblemen gestoppt. Er sollte das höchste Gebäude der Stadt werden. “Da wollte jemand zeigen, wer den Längsten hat”, sagt Susanne Krieg.

Susanne Krieg, 48, hat jahrelang als Redakteurin bei GEO gearbeitet und Preise gewonnen für ihre Reportagen aus Nepal, Schottland, Äthiopien oder anderen Ländern. Heute schreibt sie über Hamburg. Auf Instagram und in Büchern. Dazu macht sie Fotos. Die Gebäude der Stadt hat sie also gut im Blick.

Warum treffen wir uns hier, mitten zwischen Baustellen?

Ich bin hier oft. Die Station Elbbrücken ist architektonisch spannend und ein Hotspot für die Foto-Community. Hier kann man immer gute Bilder machen, egal zu welcher Jahres- und Tageszeit. Ein Foto von hier habe ich dauerhaft oben in meiner Instagram-Galerie angeheftet. Wenn es dunkel wird, treffen sich hier Menschen mit Stativen, um die besondere Licht-Stimmung einzufangen. Aber gerade sehe ich, dass sich einiges verändert hat: Die Gebäude ringsum werden immer höher, das macht alles dunkler. Es sieht ganz anders aus als noch im Frühjahr. Das Gebäude da gab es noch gar nicht… (Sie zeigt auf einen Rohbau mit 14 Stockwerken.)

Du bist in Schleswig-Holstein groß geworden. Wann bist du nach Hamburg gezogen?

1995, zum Studieren. Ich weiß noch ganz genau, wie geil die erste Woche in der WG war: Es war für mich die totale Freiheit, endlich in der Stadt zu wohnen. Vorher war ich regelmäßig zum Feiern in Hamburg. Aber da brauchte man immer jemanden, der fährt, oder war abhängig von Bus- und Bahn-Fahrplänen. Und ich wusste genau, wenn ich eine bestimmte S-Bahn verpasse, sitzt meine Mutter zu Hause aufrecht im Bett.

Und bist du dann gut angekommen in der Stadt?

Ja, sehr gut. Ich habe mir die Unikurse so gelegt, dass ich an zwei Tagen frei hatte – meistens Donnerstag und Freitag. Um neben dem Studium Geld zu verdienen. Aber natürlich auch, um die Stadt zu erkunden – vor allem das Nachtleben. Und auch später, als ich dann durch meinen Job um die Welt gereist bin, habe ich mich immer total gefreut, nach Hause zu kommen. Ich würde hier nie wegziehen.

Du hast viele Jahre bei Gruner+Jahr gearbeitet. Heute führst du einen sehr erfolgreichen Instagram-Kanal und bietest Foto-Walks durch Hamburg an. Wie kam das?

Das hat sich zufällig ergeben. Bei GEO wurden Stellen gekürzt, so machte ich mich notgedrungen selbstständig. Und fing nebenbei mit Instagram an. Das verselbstständigte sich dann. Als schreibende Reporterin bei GEO hätte ich nie gedacht, dass mir das Fotografieren ebenfalls Spaß macht.

Lebst du heute von “Frau Elbville”?

Ich habe mehrere Standbeine. Über den Kanal entdecken mich vor allem Menschen, die zu meinen Foto-Walks kommen oder meine Bücher kaufen. Ich habe ein eigenes Buch verlegt, Kuriose Orte in Hamburg, und eines mit einem Verlag herausgebracht. Dazu gebe ich Workshops im Bereich Social Media.

Die Foto-Walks haben Titel wie “St. Pauli am Tag” oder “Hafenkante”. Wie muss man sich diese Touren vorstellen?

Ich zeige Menschen, wie sie gute Bilder mit ihrem Smartphone machen können – an besonderen Orten der Stadt. Ich denke, der Trick ist vor allem, dass man dafür nichts weiter braucht als sein Telefon - und das hat man eh immer dabei. Zu allen Orten erzähle ich Geschichten und Hintergründe. Und das mache ich wohl irgendwie nicht schlecht, denn die Walks sind immer ausgebucht. Und viele, die mitmachen, kommen wieder.

Eines deiner Bücher heißt “Kuriose Orte in Hamburg”. Welcher ist für dich der kurioseste Ort der Stadt?

Kurios werden die Orte meistens über ihre Geschichten. Die Oberhafenkantine ist wegen Sturmfluten und Hochwasser nicht nur schief wie der Turm von Pisa: Es gibt den Mythos, dass sie aus den gleichen Klinkersteinen wie das Chilehaus gebaut wurde. Der damalige Wirt soll mit Bier zu den Bauarbeitern gegangen sein und dafür Steine mitgenommen haben…Seine Tochter Anita übernahm den Laden später und soll bis zu ihrem Tod mit 84 Jahren noch Handstand auf den Barhockern gemacht haben.

Wie kommst du auf diese Geschichten?

Ich kann eben gut googlen… Gute Geschichten zu finden liegt mir als Journalistin im Blut. Manchmal, wenn ich einen interessanten Ort sehe, bleibe ich stehen und schaue sofort im Internet, ob ich etwas Spannendes dazu finde.

Hast du einen Lieblingsort in Hamburg?

Der Fischmarkt, morgens, direkt vorne an der Hafenkante. Aber auch der echte Fischmarkt, der sich in einer langen Röhre einen Steinwurf vom Touri-Fischmarkt entfernt versteckt, ist für mich ein Highlight. Wenn ich Besuch habe, gehe ich mit meinen Gästen manchmal dorthin, weil das einfach ein Spektakel ist. Er ist nur unter der Woche von 2 Uhr nachts bis 6 Uhr morgens für Großhändler geöffnet. Man sieht riesige Fische, die auf Bergen von Eis lagern. Viele dieser Fischarten habe ich vorher noch nie gesehen. Einkaufen kann man dort aber auch als Normalsterbliche – man muss jedoch wissen, was man will. Zeit für Beratung hat dort keiner.

Wie bewegst du dich durch die Stadt?

Ich fahre viel Fahrrad oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Autofahren macht mir in Hamburg keinen Spaß, dann schon eher E-Scooter. Da hoffe ich dann aber immer, dass mich keiner sieht…

Warum?

Irgendwie finde ich das peinlich. Vielleicht weil E-Scooter-Fahrer oft Mist bauen? Aber die Dinger sind manchmal sehr praktisch. Ich hoffe, dass die Menschen einen besseren Umgang mit den Teilen finden, und lernen, sie nicht in den Weg zu stellen oder in den Kanal zu werfen – damit sie nicht irgendwann verboten werden müssen wie in Paris.

Susanne Krieg vor einem Mini Cooper von SHARE NOW an den Hamburger Elbbrücken.


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