Heimat für Kreative mit spannender Geschichte
Lesedauer 2 Min.Das Gängeviertel in Hamburg
Am Rande der Innenstadt und umgeben von Türmen aus Stahl und Glas liegt das Hamburger Gängeviertel. Die schiefen Fachwerkhäuser zwischen Caffamacherreihe, Valentinskamp und Speckstraße wirken zwischen all dem Neubau wie aus einer anderen Welt. Und das sind sie auch: Die ersten Gebäude des Gängeviertels, dessen Reste hier stehen, entstanden im 16. Jahrhundert. Es wuchs bis ins 19. Jahrhundert.
Das Quartier war seit jeher von schmalen Gassen, den namensgebenden „Gängen“, durchzogen. Es war das Zuhause tausender Arbeiterfamilien – und Geburtsort des Komponisten Johannes Brahms. Doch wo so viele Menschen auf engem Raum leben, ist die Seuchengefahr nicht weit. Nach der Choleraepidemie im Jahr 1892 begann die Stadt Hamburg darum mit dem Abriss des Viertels. Verbliebene Teile der Baustruktur gingen dann größtenteils im Zweiten Weltkrieg verloren.
Anfang der 2000er standen die letzten, teilweise denkmalgeschützten Häuser leer und verfielen. Ihr Besitz wechselte unterdessen von einer Investorenhand in die nächste. Als schließlich im Sommer 2009 mit Sanierungsarbeiten begonnen werden sollte, bei denen 80 Prozent der historischen Bausubstanz verschwunden wären, besetzten etwa 200 Aktivist*innen die Räumlichkeiten, um ihre Nutzung als kulturelles und soziales Quartier durchzusetzen.
Und das Kultur-Kollektiv „Komm in die Gänge“ hatte Erfolg: Im Dezember 2009 erstattete die Stadt dem Investor die bereits geleisteten Zahlungen zurück. Im darauffolgenden Jahr legte die Initiative ein Zukunftskonzept vor, das eine Grundsanierung der 13 Gebäude einleitete. Heute wird das Kunst- und Kulturzentrum durch einen eigens gegründeten Verein und die Gängeviertel Genossenschaft verwaltet. Untergebracht sind hier auch Wohnungen und soziale Projekte.
Die Geschichte des Gängeviertels geht also weiter. Alle, die wollen, können Teil davon sein: Um die 150 Musik- und 200 Kulturveranstaltungen finden in den alten Häusern pro Jahr statt. Neben diversen Ateliers und Galerien, die hier eingezogen sind, gibt es die fünfstöckige Fabrique. Das Herzstück des Quartiers bietet viel (sonst so knappen) Raum für Kunst-, Kultur- und Bildungsangebote. Wer sich einen Überblick verschaffen möchte, meldet sich zum geführten Rundgang an oder bummelt auf eigene Faust durchs Viertel. Ganz nach dem Motto: Wir sind die Stadt, denn die Stadt sind alle.
Adresse: Büro des Vereins Gängeviertel e.V., Valentinskamp 34, 20355 Hamburg, das-gaengeviertel.info